Die Energieerzeugung und die Energieversorgung weisen einige Analogien zur Lebensmittelerzeugung und zur Lebensmittelversorgung auf. Diese Analogien werden in diesem Blogbeitrag behandelt, ebenso wie einige Gedanken, was das für unsere zukünftige Energieversorgung bedeutet.
Wir versorgen unseren eigenen Körper mit Energie über unsere Nahrung. Die Nahrung ist also unser „Treibstoff“, mit dem wir den täglichen Energiebedarf decken. Damit können wir unseren Körper auf die Körpertemperatur erwärmen, mechanische Tätigkeiten verrichten und mit unserem Gehirn schwierige Denkaufgaben lösen. Dabei geben wir die Energie in Form von Wärme oder mechanische Energie ab.



Energiequellen entsprechen Nahrungsquellen
Wir wollen jetzt die Frage stellen, wie die Nahrung und die Nahrungsquellen der Energie und den Energiequellen entspricht. Die fossilen Energiequellen wie Kohle und Erdgas entsprechen den Konserven im Keller. Wir lagern die Nahrung in Dosen, Einmachgläsern oder Fässern für längere Zeit. Sie ist lange haltbar und immer verfügbar, wir können sie nach Bedarf entnehmen und sollten Sie, wenn überhaupt, sparsam verwenden.
Alles, was wir nicht sofort verbrauchen, steht uns später in der gleichen Menge zur Verfügung. Bei den fossilen Energiequellen sind wir nicht vom Wetter und von den Jahreszeiten abhängig, genauso wie bei den Konserven. Diese Tatsachen haben in der Vergangenheit wesentlich dazu beigetragen, dass die fossilen Energiequellen bei den Menschen so beliebt waren.


Dagegen entsprechen die regenerativen Energiequellen dem frischen Gemüse. Die Verfügbarkeit variiert je nach Wetter und Jahreszeit. Außerdem sind die regenerativen Energiequellen mehr ein variabler „Zufluss“ und weniger ein Speicher wie die fossilen Energieträger. Wenn wir das frische Gemüse nicht essen oder verwerten, wenn es reif ist, dann verdirbt es. Ohne Verarbeitung ist es meistens nicht lagerfähig. Ähnlich ist es bei den regenerativen Energiequellen: Wenn wir die verfügbare Energie nicht sofort einer Nutzung oder einer weiteren Verarbeitung zuführen, geht sie verloren.


Wetter und Jahreszeiten
In der Landwirtschaft sind wir stark vom Wetter und von den Jahreszeiten abhängig. Das Gemüse wächst nicht das ganze Jahr über gleichmäßig, sondern vorzugsweise im Frühjahr und besonders im Sommer. Diese Tatsache hat jeder als Selbstverständlichkeit akzeptiert, die Erntezeit wird von allen Menschen als etwas Schönes und sehr Positives empfunden. Am Bodensee ist beispielsweise die Apfelernte ein bedeutendes Ereignis jedes Jahr. Es gibt sogar einen besonderen Anlass für die Freude über die Erntezeit, nämlich das Erntedankfest.



Bei den regenerativen Energiequellen ist der Sachverhalt zunächst völlig analog, wir haben im Sommer einen wesentlich höheren Ertrag als im Winter. Hier wird die zeitliche Schwankung des Ertrags jedoch oft als „Volatilität“ bezeichnet und als etwas unangenehmes empfunden. Der Begriff „Volatilität“ kommt aus dem Finanzwesen und bezeichnet die zumeist zufällige Schwankung einer Größe, eines Zahlenwerts, der von der Zeit abhängt. Oft werden Aktienkurse oder Wechselkurse betrachtet. Man sieht schon, dass der Begriff nicht so richtig für regenerative Energieerträge passt, weil die ja nicht nur vom (mehr oder weniger zufälligen) Wetter abhängen, sondern auch von dem vorhersehbaren Wechsel der Jahreszeiten.
Eine Ursache für diesen Sachverhalt liegt darin begründet, dass wir die regenerativen Energiequellen mit den fossilen Energiequellen vergleichen, wobei die fossilen Energiequellen kontinuierlich unabhängig von Wetter und Jahreszeiten verfügbar sind. Diese fossilen Energiequellen sind ja eine gespeicherte Form der Energie, deswegen ist diese kontinuierliche Verfügbarkeit sofort klar ersichtlich.
Dieser Vergleich führt uns aber nicht zum Ziel, nämlich einer vollständig regenerativen Energieversorgung ohne fossile Energiequellen. Das wäre ja so ähnlich, wie wenn wir lieber nur Dosennahrung essen, um unabhängig von einer Versorgung mit frischer Nahrung zu sein. Wenn wir auch bei der Energieversorgung mit positiv belegten Begriffen arbeiten, wie zum Beispiel der Erntezeit, dann wird auch die höhere Sonneneinstrahlung im Sommer und damit die höheren Erträge über die Fotovoltaik als etwas positives, also als ein Gewinn wahrgenommen (und nicht sofort der daraus resultierenden „Nachteil“ kritisiert, dass es in den anderen Jahreszeiten weniger ist).
Weitere Verarbeitung der Energieerträge
Wenn wir über Fotovoltaik oder Windturbinen regenerativ erzeugte Energie für die spätere Verwendung speichern, also konservieren wollen, müssen wir diese Energie weiter verarbeiten. Diese weitere Verarbeitung in Form einer Veredelung ist uns aus der Lebensmittelversorgung wohl bekannt. Aus Zwetschgen oder Aprikosen kochen wir Marmelade, aus Oliven pressen wir Olivenöl und aus Äpfeln Apfelsaft. Diese verarbeiteten Lebensmittel können wir gut und nahezu beliebig lagern und nach Bedarf essen und verwenden. Es ist für jeden selbstverständlich, dass bei diesen Verarbeitungen auch Verluste auftreten.



Es kommt kein Mensch auf die Idee, dass die Herstellung von Apfelsaft schlecht oder verwerflich ist, weil dabei zu viele Verluste auftreten, also zu viel Äpfel oder Apfelbestandteile verloren gehen. Wenn wir die Äpfel auf den Bäumen hängen oder auf dem Feld liegen lassen, dann haben wir ja erst recht keinen Ertrag. Wenn uns die Äpfel bei der Lagerung verderben, ebenso nicht. Es ist jedem klar, dass es wichtiger ist, die Äpfel in eine Form zu überführen, die wir gut lagern und gut transportieren können, eben genau diesen Apfelsaft.
Ebenso müssen wir dazu übergehen, die Erträge aus den regenerativen Energiequellen weiter zu verarbeiten und in eine Form zu überführen, die wir gut speichern und transportieren können. An dieser Stelle lohnt es sich, einmal kurz inne zu halten und zu überlegen, welche Eigenschaften ein „guter“ Speicher haben muss.
Speicherung der Energie
Wenn wir längere Zeit aus diesem Speicher leben wollen, also den Energiebedarf decken wollen, während die Fotovoltaik oder die Windturbinen keinen Energieertrag liefern, dann sind besonders zwei Eigenschaften von Bedeutung: nämlich eine hohe Speicherkapazität, das heißt ein großer Gesamtenergieinhalt, und eine geringe Selbstentladung. Der Speicher muss also auf dem aufgeladenen Zustand bleiben, die Energie darf nicht von selber hinauslaufen.



Das Bild zeigt in Analogie verschiedene Wasserspeicher: Am bekanntesten ist der Wasserturm. Die kleine Gießkanne und ein austrocknender See sind ebenfalls Wasserspeicher. Es ist klar, dass wir mit einer Spielzeug-Gieskanne (die zu klein ist) oder einem austrocknenden See (der sich selber entlädt) eine Stadt nicht mit Wasser versorgen können. Diese beiden Eigenschaften, nämlich hohe Speicherkapazität und keine Selbstentladung, sind zentral für die Funktion einer regenerativen Energieversorgung. Diese beiden Eigenschaften sind entscheidend, um eine „Versorgungssicherheit“ zu gewährleisten. Sie sind wesentlicher als andere Eigenschaften, die zwar „auch wichtig“ sind, aber nachrangig, wie zum Beispiel der Wirkungsgrad.
Es steht außer Frage, dass hier eine Energieversorgung rein auf regenerativer Basis erfolgen muss. Auf fossile Energieträger wird dabei vollständig verzichtet.
Wenn wir die Energie weiter verarbeiten wollen, dann müssen wir uns überlegen, in welcher Form die Energie besonders gut gelagert oder übertragen werden kann. Diese Form (der „Energieträger“, wird in einem andern Blogbeitrag genauer erklärt) ist unabhängig von der ursprünglichen Energiequelle. Es ist besonders wichtig, diese beiden „Dinge“ zu unterscheiden, nämlich den vorliegenden Energieträger von der ursprünglichen Energiequelle. Dieser Sachverhalt ist im Bild noch einmal visualiert.

Die Energiequelle kann dabei entweder eine regenerative oder eine fossile sein, je nachdem ist eine andere Umwandlung notwendig. Unabhängig von der Art der ursprünglichen Energiequelle wird der flüssige Treibstoff als Energieträger zum Nutzer übertragen und dort beispielsweise für den Betrieb eines Verbennungsmotors verwendet. So könnte bespielsweise eine Tankstelle in Zukunft ebensogut regenerativ hergestellte flüssige Treibstoffe verkaufen, obwohl sie heute mineralölbasierte Treibstoffe verkauft.
Flüssigkeiten als Energiespeicher
Auf der anderen Seite ist jedoch auch klar, dass wir die Energie in Form von Flüssigkeiten besonders gut transportieren, auch besonders gut weiter verwenden können. Flüssige Treibstoffe können in Verbrennungsmotoren dazu verwendet werden, die darin enthaltene Energie in mechanische Energie und in Wärme umzuwandeln, in Blockheizkraftwerken in elektrische Energie und in Wärme.

Ein Blockheizkraftwerk besteht aus einem Verbrennungsmotor, einer E-Maschine und der zugehörigen Leistungselektronik incl. Steuerung. Es wandelt die Energie des (regenerativ erzeugten) flüssigen Treibstoffs in elektrische Energie und Wärme um. Der größte Teil der Wärme wird dabei für Heizungen genutzt. Deswegen erreichen Blockheizkraftwerke sehr hohe Nutzungsgrade weit über 90 %. (Darunter versteht man das Verhältnis der in Form von mechanischer Energie und Wärme genutzter Energie im Verhältnis zur zugeführten Energie, also die „Ausbeute“.)
Es ist also eine sehr effiziente und sehr wirtschaftliche Nutzung der in dieser Form gespeicherten Energie möglich, und das in einer einfachen Weise. Dies ist wichtig zu erkennen, denn erst wenn wir mit der Speicherung und und der Übertragung weiterkommen, können wir eine hundertprozentige Versorgung mit „regenerativer Energie“ sicherstellen, d. h. Energie, die ausschließlich aus regenerativen Energiequellen stammt.
Das Ziel ist ja hier, auf fossile Energiequellen vollständig zu verzichten.



Für die Lagerung und auch für den Transport von flüssigen Treibstoffen haben wir bereits eine vollständig verfügbare Infrastruktur, in Form von Tanks, Tanklastzügen und Tankstellen, wie im Bild angedeutet. Wir sind seit vielen Jahrzehnten geübt darin, mit solchen Flüssigkeiten umzugehen. Eine Umstellung auf einen anderen Energieträger ist an der Stelle weder notwendig noch hilfreich. Die Umstellung muss bei der Herstellung dieser flüssigen Treibstoffen erfolgen. D. h., diese Flüssigkeiten dürfen nicht mehr aus fossilen Rohstoffen hergestellt werden, nicht aus Erdöl und auch nicht als Erdgas und auch nicht aus Kohle. Lediglich regenerative Energiequellen dürfen dafür verwendet werden. Aber an der Speicherung und an der Verteilung der Energie in flüssiger Form ist grundsätzlich erst einmal nichts Falsches zu sehen. Wie dies genau funktionieren kann, ist Gegenstand eines anderen Blogbeitrags. Hier soll erst mal nur die Überlegung reichen, dass die „Energie in flüssiger Form“ eines wünschenswerte Vorstellung ist.
Wir pressen quasi erst einmal den Apfelsaft aus dem Äpfeln heraus, lagern ihn ein und trinken ihn dann später, wenn gerade keine Äpfel mehr auf den Bäumen wachsen.
Schlussbemerkung
Eine analoge Betrachtung von Energieversorgung und Landwirtschaft macht uns wichtige Zusammenhänge klar und führt zu wesentlichen Erkenntnissen. Man kann sich dadurch deutlich machen, ist die Abhängigkeit vom Wetter und von den Jahreszeiten nichts Schlechtes ist, sondern der Natur in einer inhärenten Weise „innewohnt“. Die grundsätzliche Vorgehensweise, um mit dieser Situation zurecht zu kommen, ist uns aus der Landwirtschaft wohl bekannt und kann auf die Energiewirtschaft übertragen werden.
Dabei ist es wichtig, bestehende Vorgänge, Prozesse und Infrastrukturen kritisch zu hinterfragen. Die jeweils vorliegende Energieform, also der vorliegende Energieträger muss dabei von der ursprüngliche Herkunft klar zu unterschieden werden. Wenn wir uns von den überkommenen Vorstellungen und Begriffen aus der fossilen Energiewirtschaft lösen, kann eine vollständige Umstellung auf eine regenerative Energiewirtschaft erfolgen.


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